www.mz-web.deAnhaltKurier, 08.03.2012
Für Laterne geht ein Licht auf

WASSERTURM   Spitze vom Dessauer Wahrzeichen für Reparatur auf Boden geholt

VON SILVIA BÜRKMANN

DESSAU/MZ. Der Himmel blitzeblau, die Luft märzenfrisch und knapp über Null, der Wind mit leisem Zug maximal im Status einer leichten Brise. Kurzum: beste Bedingungen für Arbeiten unter freiem Himmel. Und wenn die auch noch in luftiger Höhe laufen sollen, ziehen sie magisch Publikum an. Wie am Mittwochvormittag zum Dessauer Lutherplatz. Zum Neuen Wasserturm.
Die schrittweise Sanierung des historischen Bauwerkes unter der Ägide des "Vereins zur Förderung und Erhaltung des Neuen Wasserturm" hat sich peu à peu an die Spitze herangearbeitet. Und dort erhebt sich über dem Wasserturm-Dach noch die Laterne. Dieser architektonische Schmuck-Aufsatz sollte am Mittwoch zu ebener Erde herunter geholt werden. Der Autokran mit ausgefahrenem roten Teleskoparm "kratzte den Himmel" schon seit Sonnenaufgang. Die Zuschauer rings um den Lutherplatz, die Gutenberg- oder die Hallesche Straße legten früh die Köpfe in den Nacken: Wann hat der Kran die Laterne nun am Haken? Das Geschehen in 45 Metern Höhe auf dem schmiede-eisernen Umgang am Laternenfuß beobachten auch Wilhelm Kleinschmidt und Detlef Münnich mit Argusaugen. Gründungsvater des Fördervereins Wasserturm ist der eine, mit der Sanierungsplanung beauftragter Architekt der andere. Die Laterne als zehn Meter hohe architektonische Wasserturm-Spitze - sie ist das Herzstück der Sanierungsvorhaben im aktuellen Kalenderjahr. Schon von unten mit bloßem Auge zu erkennen ist die Dringlichkeit der Sanierung. Längst verschwunden sind die Ziegel oder Schindeln der Dachdeckung, die Holzkonstruktion der Spitzkuppel ist durchlöchert, die Metallbleche der Pilaster-Scheinsäulen sind arg zerbeult, weit oben da in "Sperlingslust".
 
Die genaue Bestandsaufnahme erfolge am Boden, kündigt Kleinschmidt an. In seinen Plänen hatte der Verein die Sanierungskosten für die Laterne mit rund 100 000 Euro veranschlagt. Die Mittel dazu kratzen die Wasserturm-Enthusiasten aus verschiedenen Töpfen zusammen. Vom Standtumbau Ost kommt ein stolzer Batzen, Lotto-Toto spendet und auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz unterstützt das Vorhaben. Dazu sammelt der Wasserturmverein auch fleißig Spenden von Privatpersonen und Firmen in der Stadt und der Region. "Der Wasserturm ist und bleibt ein Dessauer Wahrzeichen, eine Ortsmarke", unterstreicht Kleinschmidt. Und hofft nach Festlegung der Leistungen auf gute Ausschreibungsergebnisse. Das Zeitfenster von "einem halben Jahr" für die Sanierung der Laterne umschreibt Architekt Münnich bescheiden als "Wunschtermin". Vor der nächsten Winterpause aber soll die Laterne wieder den Wasserturm krönen, bekennt sich Kleinschmidt zum ehrgeizigen Ziel.
 
"Damit sieht man dann mal wieder offenkundig einen Baufortschritt." An das neu gedeckte Dach habe man sich doch längst gewöhnt. Mit der sanierten Laterne aber gehe sprichwörtlich wieder ein neues Licht auf.
 
Als nächstes Vorhaben rückt dann der Neuaufbau der vier Erkertürmchen ins Visier. Die Türmchen waren 2011 abgebaut und die Holzkonstruktionen saniert worden.


Dringender Sanierungsbedarf. Die Laterne wird am Boden auf einem Holzpodest gelagert und festgezurrt.
(FOTOS: LUTZ SEBASTIAN)

Viele neugierige Zaungäste lassen die Kameras klicken.

Ein Flachblech verschließt den Turm.
NEUER WASSERTURM
Sanierung kommt in kleinen Schritten Stück um Stück voran

Mit dem Bau des Wasserturms wurde am 1. Juli 1896 begonnen. Ausgestattet mit einem Vorratsbehälter für 1 100 Kubikmeter Wasser, wurde er am 30. Juli 1897 fertig gestellt. Nach dem Umbau der städtischen Wasserwerke im Jahr 1930 wurden die beiden Wassertürme in Dessau nicht mehr gebraucht und waren damit schon früh dem Verfall ausgesetzt.
 
Der Verein zur "Förderung und Erhaltung des Neuen Wasserturmes" wurde am 26. Oktober 2006 auf Initiative des Stadtwerke-Geschäftsführers Hans Tobler gegründet mit dem Ziel, den Wasserturm vor weiterem Zerfall zu schützen, ihn äußerlich möglichst originalgetreu zu restaurieren und perspektivisch durch eine kostendeckende Nutzung dauerhaft zu erhalten. Mit den Planungsleistungen zur Sanierung des Turmes beauftragt wurde das Dessauer Architektenbüro Detlef Münnich.
 
Bislang erledigte Arbeiten:
2009: Ausführung der Sanierung der Holz-/Stahlkonstruktion des Hauptdaches, Ausführung der Dachdeckung, Regenentwässerung und Blitzschutz des Hauptdaches, Ausführung der Sanierung des Sandsteintraufgesimses.
 
2011: Sanierung der Holzkonstruktionen der Erkerturmdächer, Einrüstung des südlichen Erkerturmes. Durch Abstürze von größeren Teilen des Konsolgesimses mussten die Arbeiten aber aus Sicherheitsgründen eingestellt werden. Die Schäden wurden von einem Gutachter erfasst und beurteilt. Ein Sanierungskonzept wurde erarbeitet. Die Kosten für die Sanierung des Konsolgesimses übersteigen derzeit die Möglichkeiten des Vereins.


Laterne am Haken.

2012: Abheben der Laterne zur Sanierung am Boden. Geplant: Sanierung des südlichen Erkerturmes und des Erkerturmdaches.

SB


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